DECHEMAX Initiative für Chemische Technik und Biotechnologie

Frage der Woche

Frage der Woche

Weshalb an der Digitalisierung der Prozessindustrie kein Weg vorbei führt

digitalisierung
Bildquelle: Canva Pro / Ekkasit919

Mehr Chemieproduktion, aber Net-Zero-Emissionen – ohne eine ausgeklügelte Kreislaufwirtschaft wird das nicht funktionieren. Damit diese Realität werden kann, müssen parallel zu den Stoffströmen auch die Daten lückenlos strömen. Prozessautomation in der Prozessindustrie spielt dabei eine wichtige Rolle – doch sie muss vor diesem Hintergrund größer und ganzheitlich gedacht werden.

Doch was ist eigentlich die Prozessindustrie? In der Prozessindustrie werden Stoffe und Materialien in chemischen, physikalischen, biologischen oder anderen technischen Prozessen und Verfahren verarbeitet. Stoffe und Materialien werden dabei beispielsweise umgesetzt, geformt, vermischt oder entmischt, gegossen, gepresst, u. a. m. Einige typische Prozesse sind chemische Reaktionen und die Aufarbeitung der Reaktionsprodukte etwa durch Destillation oder Kristallisation, die Erdöl-Aufbereitung etwa durch Rektifikation, das Schmelzen von Glas, aber auch das Backen von Brot (zumindest in industriellem Maßstab).

Ein Digitaler Zwilling ist ein virtuelles Modell eines Prozesses, eines Produkts oder einer Dienstleistung. Seit etwas mehr als einem Jahrzehnt versprechen sich Automatisierer und Digitalisierer großen Nutzen aus der Abbildung realer Anlagen in der digitalen Welt. Wenn Zwillinge in die Pubertät kommen, sind Wachstumsschmerzen vorprogrammiert. Auch der digitale Zwilling bildet hier keine Ausnahme.

Zur Prozessoptimierung lassen sich mit ihm Szenarien und Optionen simulieren, angehende Anlagenbediener nutzen ihn zu Trainingszwecken, Instandhalter ergänzen den Zwilling um Analysetools, um so Wartungsbedarfe frühzeitig zu erkennen und die Wartung optimal zu planen.

Doch für den digitalen Zwilling in der Chemie gilt bislang dasselbe, wie für die Digitalisierung der Branche insgesamt: Von einem flächendeckenden Einsatz und durchgängigen Datenströmen ist die Prozessindustrie noch weit entfernt. Diese sind allerdings notwendig, wenn das Ziel einer klimaneutralen Chemie erreicht werden soll. Denn bis 2050 – dem von den meisten Chemienationen erklärten Jahr, ab dem klimaneutral gewirtschaftet werden soll – wird der Bedarf an Chemikalien kontinuierlich weiter steigen. Auf dem klassischen Weg aus Erdöl oder Erdgas werden sich diese Mengen nicht klimaneutral darstellen lassen. Die Chemie muss und wird sich auf einen Transformationspfad begeben, der weg von der linearen Wirtschaft (Nehmen-Herstellen-Entsorgen) und hin zu einer Kreislaufwirtschaft führt, in der Produkte am Ende ihres Lebenszyklus wieder zum Rohstoff für neue Chemikalien werden. Doch dafür muss der digitale Zwilling erwachsen werden und darf sich nicht mehr alleine um die Fabrik drehen: Die gesamte Supply Chain (Wertschöpfungskette) muss Teil des virtuellen Abbilds werden.

Großen Nutzen und Unterstützung bei der Entscheidungsfindung verspricht sich die Industrie hier von neuen Werkzeugen auf Basis von maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz. Diese spielen ihre Stärken überall dort aus, wo große Datenmengen vorhanden sind – und hier liegt die Crux: Die Chemieunternehmen produzieren heute zwar bereits so viele Daten wie nie zu vor, häufig ist der Datenbestand jedoch inkonsistent und häufig fehlt der Kontext – beispielsweise über die Zusammenhänge in Stoffkreisläufen.

Die Industrie setzt große Hoffnungen in neue Werkzeuge basierend auf maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz, um Entscheidungen zu unterstützen. Initiativen wie DEXPI und Manufacturing-X arbeiten an Lösungen, erfordern aber Transparenz und Datenaustausch in der gesamten Wertschöpfungskette.

Die Digitalisierung in der Chemiebranche stößt auf Herausforderungen wie Datenlücken und eine fehlende ganzheitliche Sicht. Die Prozessautomatisierung spielt hier eine Schlüsselrolle, indem sie konsistente Datenströme schafft und verwaltet. Die Verschmelzung von IT (Informationstechnologie) und OT (Operational Technology) in Unternehmen wird durch Industrie 4.0 und digitale Transformation vorangetrieben, erfordert jedoch Sicherheitsvorkehrungen.

Aktuelle Initiativen, wie die Ethernet-basierte Technologie APL und die Namur Open Architecture (NOA), zielen darauf ab, die Digitalisierung im Bereich der Prozessindustrie voranzutreiben und Daten für Optimierungszwecke nutzbar zu machen. Die Modulautomation und der Open Process Automation Standard (OPA-S) sollen die Effizienz steigern und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Herstellern fördern. Dies ermöglicht Anlagenbetreibern eine einfachere Skalierung (Anpassung an veränderte Maßstäbe) und besseren Zugang zu Daten aus verschiedenen Quellen.

Frage (alle Klassenstufen)

Was bedeutet der Begriff Industrie 4.0?

a: Industrie 4.0 bezeichnet einen Industriestandard, der die Qualität von Produkten der chemischen Industrie sichert.
b: Industrie 4.0 bezeichnet die intelligente Vernetzung von Maschinen und Abläufen in der Industrie mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie.

Lösung:

Richtig ist Antwort b.

Was ist die englische Bezeichnung des virtuellen Modells eines Prozesses, eines Produkts oder einer Dienstleistung?

a: Open Process Automation
b: Digital Twin
c: Manufacturing-X

Lösung:

Richtig ist Antwort b. der Digital Twin

Um die Frage der Woche zu beantworten, müsst ihr euch einloggen.

 

 

Copyright: DECHEMA e.V. 1995-2024